Verbleib eines Kindes bei einer Pflegeperson
Leistungsbeschreibung
Nicht jedes Kind wächst bei seinen leiblichen Eltern oder bei einem leiblichen Elternteil auf. Vernachlässigung, häusliche Gewalt oder eine gravierende Erkrankung eines Elternteils können Bedingungen sein, die das Wohl des Kindes stark einschränken. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Kind dann bei einer Pflegeperson oder einer Pflegefamilie untergebracht werden. Häufig kommt es auch dadurch zur Familienpflege, dass Eltern ihr Kind für unbestimmte Zeit in die Obhut von Verwandten, etwa den Großeltern, geben.
Als Pflegeperson helfen Sie, für das Wohl des Ihnen anvertrauten Kindes zu sorgen und dieses zu stärken. Wenn sich die Bedingungen in der Herkunftsfamilie Ihres Pflegekindes nicht verbessern oder auch sonst im Einvernehmen mit den Eltern, kann das Kind auch auf Dauer bei Ihnen bleiben. Sollten die Eltern damit nicht (mehr) einverstanden sein, können Sie beim Familiengericht eine Verbleibensanordnung beantragen. Das Familiengericht ordnet den Verbleib bei der Pflegeperson an, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme von der Pflegeperson gefährdet würde.Liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Verbleibensanordnung auf Dauer vor, so hat das Gericht bei seiner Entscheidung als Teil des Kindeswohls auch das Bedürfnis des Kindes nach kontinuierlichen und stabilen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen.
Sofern ein dringendes Bedürfnis für eine sofortige gerichtliche Regelung besteht und eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, kann das Gericht dies auch als vorläufige Maßnahme im Wege der einstweiligen Anordnung beschließen.
Beachten Sie, dass die Rechte der Eltern des Kindes einen hohen Stellenwert haben. Deshalb haben diese auch in der Zeit, in der das Kind nicht von ihnen betreut wird, einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zu ihrem Kind. Ziel ist es, die Bedingungen in der Herkunftsfamilie so zu verbessern, dass die Eltern das Kind wieder selbst erziehen können, oder zumindest ihre Beziehung zu dem Kind und das Verständnis für das Kind so zu fördern, dass einvernehmlich eine andere, dem Kindeswohl entsprechende und auf Dauer angelegte Lebensperspektive entwickelt werden kann. Soweit der Umgang dem Kindeswohl entspricht, gilt das Recht und die Pflicht der Eltern zum Umgang mit ihrem Kind auch dann, wenn es bei einer Pflegeperson lebt.
Grundlage der gerichtlichen Entscheidung ist das sogenannte "Kindeswohlprinzip". Die Entscheidung richtet sich also nicht nach den subjektiven Wünschen der Eltern oder Pflegeperson. Vielmehr muss sichergestellt sein, dass eine Wegnahme des Kindes von der Pflegefamilie durch die Eltern nur erfolgt, wenn dadurch dem Kind durch einen Beziehungsabbruch kein Schaden zugefügt wird.
Lebt das Kind bereits längere Zeit in einer Pflegefamilie und wollen die leiblichen Eltern das Kind von dort wegnehmen, können die Pflegeeltern beim Familiengericht einen Antrag auf Verbleib des Kindes in ihrer Familie stellen. Das Gericht muss dann prüfen, ob die Wegnahme von der Pflegefamilie für das Kind eine Kindeswohlgefährdung darstellt. Gleichzeitig muss auch die Erziehungsfähigkeit der leiblichen Eltern eingeschätzt werden.
Teaser
Sie sind Pflegeperson und die leiblichen Eltern wollen das Kind wieder bei sich aufnehmen? Dann können Sie beim Familiengericht beantragen, dass das Kind bei Ihnen bleibt.
Verfahrensablauf
- Sie als Pflegeperson beantragen beim Familiengericht den Verbleib des Kindes in Ihrer Familie.
- Das Gericht übersendet den Antrag an die Eltern und das Jugendamt zur Kenntnis sowie Stellungnahme. Ferner bestellt es für das Kind einen Verfahrensbeistand ("Anwalt oder Anwältin des Kindes"), welcher im Verfahren das Kind unterstützt und seine Interessen vertritt.
- Das Gericht hört das Kind im Beisein seines Verfahrensbeistandes an und verschafft sich einen persönlichen Eindruck vom Kind. Zudem führt das Gericht zeitnah einen Erörterungstermin durch. In dem Termin werden die Eltern und die Pflegeperson persönlich angehört und das Jugendamt und der Verfahrensbeistand nehmen Stellung. Es wird auch erörtert, welche Hilfen gegebenenfalls erforderlich sind und ob eine einvernehmliche Regelung gefunden werden kann.
- Soweit für die Entscheidung erforderlich, findet eine weitergehende Sachverhaltsermittlung etwa durch Befragung weiterer Personen oder durch die Einholung von Auskünften oder eines Sachverständigengutachtens statt.
- Das Familiengericht entscheidet durch Beschluss über einen Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie.
- Bis zur abschließenden Entscheidung kann das Gericht aufgrund eines sofortigen gerichtlichen Regelungsbedarfs eine vorläufige Maßnahme – insbesondere einen vorläufigen Verbleib des Kindes bei seiner Pflegeperson – im Wege der einstweiligen Anordnung treffen.
Das Verfahren beginnt, wenn die Pflegeeltern einen Antrag beim zuständigen Familiengericht stellen. Ebenso kann das Gericht von Amts wegen tätig werden.
Parallel kann ein Eilantrag "auf Erlass einer vorläufigen Anordnung des Verbleibs" gestellt werden. Durch die vorläufige Anordnung ist der Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie bis zur Entscheidung gesichert.
Bis zum Abschluss des Verfahrens kann eine geraume Zeit vergehen, gerade wenn zusätzlich ein Gutachten angefertigt wird. Es darf jedoch nicht zu einer einstweiligen Herausnahme des Kindes kommen, bei der erst im Nachhinein geprüft wird, ob dies für das Kind förderlich ist.
Zuständige Stelle
Die Zuständigkeit obliegt dem Familiengericht.
Voraussetzungen
Sie haben ein Kind bei sich aufgenommen und möchten den Verbleib des Kindes in Ihrer Familie beantragen. Für die begehrte gerichtliche Entscheidung müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
- Das Kind muss bereits seit längerer Zeit in Ihrer Familie leben. Ob dies der Fall ist, wird einzelfallbezogen, unter anderem unter Berücksichtigung des Kindesalters beurteilt,
- die Eltern wollen das Kind von Ihnen wegnehmen und
- die Wegnahme aus der Pflegefamilie durch die Eltern würde das Wohlergehen des Kindes gefährden.
Möchten Sie, dass das Kind auf Dauer in Ihrer Familie verbleibt, müssen für eine solche Gerichtsentscheidung darüber hinaus folgende Kriterien erfüllt sein:
- Die Eltern haben ihre Erziehungsverhältnisse nicht nachhaltig verbessert,
- sehr wahrscheinlich wird es auch in Zukunft nicht zu einer Verbesserung der Erziehungsverhältnisse der Eltern kommen und
- der dauerhafte Verbleib des Kindes in Ihrer Familie ist zu seinem Wohl erforderlich.
Beachten Sie: Entscheidend für die Beurteilung Ihres Antrags ist das sogenannte "Kindeswohlprinzip". Dabei werden besonders das Alter des Kindes, seine Beziehungen und Bindungen zum Zeitpunkt der Entscheidung und seine Vorgeschichte einbezogen.
Das Pflegekind muss bereits seit einem längeren Zeitraum in der Pflegefamilie leben, hat sich integriert und enge Beziehungen aufgebaut. Eine Rückkehr in die Familie der leiblichen Eltern würde die weitere Entwicklung des Kindes gefährden.
Die gerichtliche Entscheidung beruht in jedem Fall auf dem Kindeswohlprinzip. Die richterliche Entscheidung richtet sich also nicht nach den subjektiven Wünschen der Eltern oder Pflegeeltern. Vielmehr muss sichergestellt sein, dass dem Kind durch einen Beziehungsabbruch kein nachhaltiger Schaden zugefügt wird.
Das Kindeswohl ist gegenüber dem Elternrecht vorrangig.
Welche Unterlagen werden benötigt?
Es sind keine Unterlagen erforderlich.
Welche Gebühren fallen an?
Zu Lasten der Pflegeperson können Gerichtskosten und – etwa bei anwaltlicher Vertretung - auch außergerichtliche Kosten anfallen. Eine Gerichtskostenpflicht der Pflegeperson tritt nur ein, wenn das Gericht der Pflegeperson die Gerichtskosten ganz oder teilweise auferlegt. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, wird Ihnen auf Antrag Verfahrenskostenhilfe gewährt.
Es fallen keine Gebühren an.
Welche Fristen muss ich beachten?
Sie müssen keine Fristen beachten.
Wenn Sie sich als Pflegeeltern damit konfrontiert sehen, dass Ihr Pflegekind in naher Zukunft aus Ihrer Familie herausgenommen werden könnte, ist es wichtig, dass Sie möglichst früh rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.
Bearbeitungsdauer
Die Bearbeitungsdauer ist vom Einzelfall abhängig. Der gerichtliche Erörterungstermin soll spätestens binnen eines Monats seit Einleitung des Verfahrens durchgeführt werden.
Rechtsgrundlage
- § 1632 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- §§ 186 ff. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
- § 1697a Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Kindeswohlprinzip
- § 37 Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfegesetz – Beratung und Unterstützung der Eltern, Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie
Rechtsbehelf
Es gibt das Rechtsmittel der Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG. Die Beschwerdefrist beträgt 1 Monat, bei Beschwerden gegen einstweilige Anordnungen 2 Wochen.
Anträge / Formulare
Formulare: keine
Onlineverfahren möglich: nein
Schriftform erforderlich: ja
Persönliches Erscheinen nötig: ja
An wen muss ich mich wenden?
Bitte wenden Sie sich an das zustänidge Familiengericht.